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Vor ein paar Monaten verliessen Sie jene Breiten, in denen das Überleben für sie immer härter wurde. Die Nahrung wurde knapp und ihre Babys würden dort keine Chance haben, ihre ersten Lebensmonate unbeschadet zu überstehen. Also begaben sie sich auf die lange, lange Reise Richtung Norden. Sie durchquerten den großen Ozean und legten mehr als sechstausend Kilometer zurück, bis sie ihr Ziel erreichten.
Hier wurden sie schon freudig und mit offenen Armen erwartet. Endlich konnten sie sich ausruhen und ihre Babys, falls die nicht schon auf der Reise geboren wurden, in Sicherheit zur Welt bringen. Aber das mit dem Willkommen und der Sicherheit war nicht immer so. Vor nicht allzu langer Zeit haben wir sie noch gejagt und getötet. Das man sich das heute kaum noch vorstellen kann spricht für die menschliche Gabe unsere Positionen zu hinterfragen, zu überdenken und unsere ethischen Grundsätze zu ändern und anzupassen.
Dennoch erscheint es wie ein Wunder, dass sie uns die Massaker die wir unter ihnen anrichteten, verziehen haben.
Es ist Juli in Tahiti und wie jedes Jahr machen wir uns vor Aufregung fast ins Höschen, wenn von den ersten Sichtungen berichtet wird. Megaptera novaeangilae – Die grossen Flügel von Neu-England sind wieder da!. Was für ein im wahrsten Sinne des Wortes beflügelter Name für diese wundervollen Tiere. Im deutschen Sprachgebiet nennen, bzw. schimpfen wir sie wenig poetisch Buckelwale. Und auch im Englischen benutzt man die eins zu sein Übersetzung Humpback Whale. Ganz ist die Herkunft des Namens nicht geklärt. Eine Erklärung geht auf die Beobachtung zurück, dass sie beim Abtauchen einen Buckel machen.
Mega(aptera) sind aber nicht nur ihre Brustflossen, die ein drittel ihrer Körperlänge ausmachen, sondern auch noch ein paar andere Eigenschaften der Spezies.
Sie sind mit ihren bis zu 18 Metern Länge und den 35 Tonnen, die sie auf die Wage bringen, nicht die Eindrucksvollsten unter den Walen. Sie liegen damit im Bereich der Pottwale, aber hinter den Finn- und noch weiter hinter den Blauwalen. Letztere lassen sie mit ihren über 30 Metern und fast 200 Tonnen Gewicht, doch eher schmächtig erscheinen. Buckelwale tauchen auch nur selten tiefer als 50 Meter und das meist nicht einmal 30 Minuten lang. Nahezu lächerlich im Vergleich zu den über 3000 Metern Tiefe, in die Pottwale vordringen und jagen.
Mega sind aber sicherlich auch die Gesänge der Männchen, die man im Wasser nicht nur hört, sondern die einem regelrecht die Alveolen flattern lassen. Tausende Kilometer pflanzte sich der Sound in den Ozeanen fort, bevor ihn die „Lärmverschmutzung“ durch Schiffe und Sonar zu überdecken und stören begann. Wissenschaftler gehen davon aus, dass der ansteigende Lärmpegel in den Meeren, auch für die zunehmenden Orientierungsprobleme, die dann oft in Massenstrandungen verschiedener Walarten enden, verantwortlich ist.
Bei den Walgesängen handelt es sich nicht nur um Tier-Geräusche, sondern wahrhaftige Lieder mit sich wiederholenden Strophen und Themen. Jedes Jahr werden die Lieder länger, so als würden sie auf Grund der zunehmenden Lebenserfahrung, mitwachsen. Ob sie wohl auch über Generationen weitergetragen werden?
Die Komplexität der Gesänge übertrifft womöglich sogar die der menschlichen Sprache. Davon ausgehend erscheint die meist angeführte Antwort auf die Frage: „WARUM machen die das eigentlich?“ Antwort: „Sie ist Teil der Kommunikation während des Paarungs- und des Fressverhaltens!“ ...doch sehr platt.
Wir schaffen es leider nicht oft, über den eigenen Tellerrand zu blicken: F-F-F = Fortpflanzen, Fressen, (Fernsehen). Sagte ich schon, dass ich das eigentlich zu platt finde?
Die Sprünge oder das Breaching, wie
man im Englischen sagt, sind ein weiteres Mega, dieser Spezies. Um 35
000 kg vollkommen aus dem Wasser zu katapultieren, erfordert es einer
unvorstellbarer Energie. Auch wenn der Vergleich etwas hinkt, würde
das auf den Menschen übersetzt heißen, dass ein Zweimeter Mensch
sich mit Flossen ganz aus dem Wasser schießen könnte, selbst wenn
er 1500kg wöge.
Erklärt wird dieses Verhalten wieder als Mittel der Kommunikation. Also um z.B. Rivalen zu beeindrucken und um dadurch Hautparasiten loszuwerden. Ich denke ja sie machen das, weil sie einfach enorm Spaß daran haben. Sie kommunizieren ihre Lebensfreude und dass ein paar Parasiten dabei ihren Kopf verlieren, ist ein willkommener Nebeneffekt.
Spass mit Walen
Und das ist die fast perfekte Überleitung zum Themenblock Spaß mit Walen – Erfahrungen aus erster Hand.
Kurz erklärt sei aber vorher noch, wie
es zur Reiselust der Buckelwale kommt.
Tahiti ist neben Cook Islands, Tonga, Fidji und Australien, nur ein Winterdomizil der südlichen Buckelwale. Mit dem Einbruch des antarktischen Winters verlassen sie ihre Fressgründe in der Antarktis. Mit den fallenden Temperaturen sinkt dort auch ihre Hauptfutterquelle Krill, in tiefe, für sie unerreichbare Wasserschichten ab. Mit der geringeren Futter-sprich Kalorienzufuhr hätten sie nicht mehr genug Energie um ihre Körpertemperatur, in dem kalten Wasser aufrechtzuerhalten. Die 12 tausend Kilometer lange und strapaziöse Reise in tropische Gewässer, während der sie für fast sechs Monate keine Nahrung aufnehmen, hat trotzdem noch eine bessere Kalorienbilanz, als der Verbleib mit in der kalten Antarktis.
Ihr Nachwuchs hätte zudem in der Kälte und in der Anwesenheit von Orcas kaum eine Überlebenschance.
Fasten in Tahiti ist also die bessere Alternative. Einmal im Jahr all die alten Schlacken und Gifte im tropisch warmen Wasser aus dem Körper schwitzen, kann nicht nur gesund, sondern auch sehr angenehm sein. Als positiver Effekt der Warmwasserkur, fallen dabei auch noch all die Seepocken von der Haut ab und sorgen für ein leichtes, beschwingtes Lebensgefühl, ...eben einfach zum Sprünge machen
Wie immer, wenn ich in Tahiti bin, gehe ich mit dem Mares Diving Center Fluid auf Whale Watching Tour. Ich freue mich meine alten Freund Thierry Zysman und Yannis Saint-Pe an Bord zu treffen. Thierry beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Walen, die jedes Jahr nach Französisch Polynesien kommen. Er ist Autor zahlreicher Bücher und oft bei den Walausfahrten als Guide mit dabei. Mit nicht nachlassender Begeisterung teilt er sein Wissen und seine Erfahrungen mit den Gästen. Mit Yannis, dem Besitzer des Tauchcenters Fluid, habe ich Ende der 90iger Jahre meine ersten Tauchgänge in Französisch Polynesien gemacht. Am Rande sei noch kurz angemerkt, das wir drei gemeinsam im Jahr 2002 in Moorea für „DAS Traumschiff“gedreht haben. Das ist allerdings eine andere Geschichte und soll ein anderes mal erzählt werden.
Dem Whale Watching geht immer ein Whale Searching voraus. Das kann mal ganz schnell zum Watching werden, sich aber auch etwas hinziehen. Es kann aber durchaus auch nur mal beim Searching bleiben.
Die Tiere halten sich in der Regel sehr nah an der Küste der Insel auf. Die verschiedenen Whale Watching Anbieter kooperieren und teilen sich Sichtungen der Wale über VHF mit.
Schöner als die Position mitgeteilt zu bekommen, ist es natürlich sie selbst zu finden.
„War das gerade einen Blas da am Horizont, oder nur eine Welle, … vielleicht eine Fluke oder doch nur ein kleines Boot im Augenwinkel?“
Manchmal glaubt man zu halluzinieren und manchmal ist man einfach nur sprachlos vor Überraschung, wenn sich wie aus dem Nichts fünfunddreissig Tonnen Wal aus dem Wasser katapultieren.
„Das war mit Sicherheit kein Boot und auch keine Welle, aber war das jetzt echt???“
Und dann wird es Wirklichkeit! Weil alle, inklusive man selbst einfach unkontrolliert schreien, jubelt, bis über beide Ohren grinsen und jeder jedem zunickt, so als wolle man sich das Erlebte noch einmal bestätigen lassen.
Beim Kapitän, dem Guide und anderen mit Erfahrung beginnt im Kopf die Analyse der Situation. Ist das ein Männchen, Weibchen, eine Mutter mit Kalb oder eine Gruppe Halbwüchsiger?
Da wir ja gern, sehr gern zu den Walen ins Wasser wollen, spielen diese Fakten ein wichtige Rolle. Halbwüchsige Männchen sind rastloser als erwachsene Bullen, die vielleicht ein Ständchen zum Besten geben und sich dafür 20 Minuten kopfüber singend in das tiefe Blau des Pazifiks hängen. Aber ideal den Tieren in ihrem Element, im Wasser zu begegnen, sind erfahrene Mütter mit ihren Kälbern. Um Energie zu sparen – wir erinnern uns – die erwachsenen Tiere fressen für mehrere Monate nicht und haben obendrein noch eine lange beschwerliche Rückreise in die Antarktis vor sich – rasten die Mütter gern für runde zwanzig Minuten dösend auf ca. zwanzig Meter Tiefe.
Die Kleinen, oder besser gesagt Jungen, denn ihr Gewicht beträgt bei der Geburt schon fast eine Tonne, können noch nicht so lange tauchen und kommen nach fünf bis zehn Minuten wieder zur Oberfläche. Daraus lässt sich für uns ein Rhythmus ableiten. Drei Tauchgänge des Kleinen, ... Entschuldigung Jungen, macht einen Tauchgang der Mutter. In der Zeit bewegen sie sich kaum vom Fleck, sofern sich alle „Watcher“ diskret und rücksichtsvoll verhalten. Nach dieser Sequenz wechseln sie dann meist den Platz und wir Watcher werden wieder zu Searchern.
Ein Blas, die feuchte Ausatemluft des Wals durchbricht die Wasseroberfläche und ein schwarzer, nasser Rücken reflektiert die Sonnenstrahlen. Dann ein zweiter Blas und ein eindeutig größerer Rücken. Das sieht nach einer Mutter mit einem Kalb aus. Yannis manövriert das Boot langsam in die Richtung der Wale. Zum Schutz der Tiere müssen Boote einen Abstand von mindestens 50 Metern halten. Als wir uns diesem Bereich nähern hebt sich erst eine große und dann eine kleinere Fluke aus dem Wasser. Das bedeutet, dass Mutter und Kind abtauchen und wir uns weiter in Geduld üben müssen. Blick auf die Uhr – in fünf bis zehn Minuten können wir mit dem Auftauchen des Kleinen rechnen. Aber was ist mit dem dem Akrobaten, dem Springer, war das die Mutter oder etwa noch ein anderer Wal? Bevor der Gedanke zu Ende gedacht ist kommt etwa einhundert Meter von uns das Junge wieder an die Oberfläche. Thierry und Yannis bedeuten uns mit einem kurzen „get ready“, uns mit Flossen, Maske und Schnorchel bereit zu halten. Thierry ist der erste im Wasser und evaluiert die Situation. „Walemann“ dreht sich auf die Seite und streckt die lange Brustflosse in die Höhe, lässt sie auf des Wasser klatschen, um sie dann wieder 'gen Himmel zu strecken. Thierry zeigt auf sein Ohr. Er hört einen Sänger und signalisiert uns ins Wasser zu kommen.
Ninjalike gleiten wir so geräuschlos wie möglich ins Wasser. Wie im Briefing besprochen bleiben alle zusammen hinter Thierry. Die Wale fühlen sich sicherer wenn sie uns als Einheit in einer Richtung ausmachen können und wir nicht verstreut und diffus wie ein Netz, dass sich um sie schließt, erscheinen.
Das Junge beginnt auf uns zuzuschwimmen und ich denke nur, hoffentlich funktioniert das Bremsen mindestens halb so gut wie das Beschleunigen. Wer bremst ist feige scheint es zu meinen und mutig ist der, der sich ungebremst in die Kurve legt.
Mit den langen Brustflossen können sie sehr gut und präzise navigieren. Enge Kurven zu schwimmen sind damit kein Problem. Nachdem es allen beim vorbeischwimmen einen kurzen, aber tiefen Blick in die weit aufgerissenen Augen geworfen hatte, verabschiedete es sich mit einer imposanten, von seiner Fluke generierten Welle.
Spasspunkte hatte das Walkind in der ersten Runde sicher mehr gesammelt, als wir noch leicht verunsicherten Menschenkinder.
Im Hintergrund taucht die Mutter plötzlich aus der Tiefe auf. Ganz langsam, ohne jegliche Bewegung schwebt sie langsam zur Oberfläche. Dort angekommen erwartet sie das Kälbchen schon. So als wolle es ihr von seiner neuen Entdeckung berichten.
Offenbar gab es Mutters Segen, denn nach dem Motto – mehr Speed = mehr Spass und „schau mal Mama“ geht es in die zweite Runde.
Vertraust du mir, vertrau ich dir ist mein Mantra für den nächsten Akt. Ich nehme mir fest vor nicht wieder meine Flossen zu filmen, mit denen ich in der ersten Runde versuchte mich rückwärts schwimmend aus der ballistischen Kurve des kleinen Wals zu bringen.
Auf Runde zwei folgt Runde drei und während bei uns das Vertrauen in die Körperkontrolle des Walkindes wächst, verliert es mit der Zeit das Interesse an uns als Spielgefährten. Vielleicht hat es sich aber auch nur hungrig getobt und braucht nun einen Schluck aus Mutters Zitze?
Walmilch ist übrigens die fetteste und energiereichste Muttermilch im Tierreich. Die Jungen müssen in kürzester Zeit Gewicht zulegen, um die lange Reise zurück in die Futtergründe der Antarktis zu bewältigen. Bis zu 100 Liter Muttermilch steht täglich auf dem Speiseplan.
Das Leben ist ein Geben und Nehmen. Während das Walbaby täglich um die 90kg zunimmt, verliert die Mutter bis zur Ankunft in der Antarktis, ein drittel ihres Körpergewichts, also rund 10 Tonnen!
Die beiden tauchen gemeinsam, entlang
der tanzenden Sonnenstrahlen, die sich in der Tiefe
wieder in einem
Punkt vereinen ab, um im tiefen Blau des Pazifiks zu verschwinden.
Erst jetzt wird mir der Soundtrack des singenden Wals im Hintergrund bewusst, auf den uns Thierry anfangs schon aufmerksam gemacht hatte.
Tatsächlich kann man den Gesang schnell überhören, wenn man so an der Wasseroberfläche herumdümpelt. Neben der aufregenden Interaktion mit dem kleinen Wal, dominierte das plätschernde Wasser im Ohr und die Atemgeräusche durch den Schnorchel, die auditive Wahrnehmung. Vorsichtiges, langsames Atmen verbessern das Hören und man ist geneigt einfach mal eine Atempause einzulegen. Ein paar Reihen näher kommt man an das Konzert heran, wenn man einfach ein paar Meter hinabtaucht. Kein Plätschern, kein Atmen und die Soundwellen scheinen direkt vom Wasser in den Körper überzugehen, um dort weiterzuschwingen. Man könnte sagen der Wal singt nun in uns. Nach einigen Tauchgängen kommt es mir vor, gewisse Formen in der blauen Wüste erkennen zu können. Und tatsächlich, Mutter und der kleine Walemann hängen offenbar noch ein paar Reihen weiter vorn in dem unendlich großen Konzertsaal. Oder ist es die größte Badewanne der Welt, aus der heraus der Tenor sein Ständchen gibt? Ein Schlaflied für das Kleine oder ist es ein Liebeslied für die Dame?
Während ich noch voller Entzücken ins Blaue horche und schaue, streben beide nun langsam wieder der Wasseroberfläche entgegen. Auf dem Weg halten sie kurz inne, um dann wie vom Stachelrochen gestochen, in die blaue Wüste wegzutauchen.
Es dauerte einen Moment bis ich realisiere was da gerade abgeht. Die Kamera läuft noch und als ich die Wasseroberfläche erreiche höre ich jemanden rufen : „ breach, breach“ als sich 50 Meter entfernt von mir ein Wal aus dem Wasser katapultiert und krachend wieder ins Meer eintaucht.
Was für ein Finale!
Das Orchester spielt noch als unsere Helden Flosse an Flosse in den Sonnenuntergang schwimmen.
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